„Filmstream statt Big Screen – Filme ohne Leinwand“ unter diesem Motto lief am 30. April 2019 das erste Praxisgespräch der Ringvorlesung „Produktionsforschung zu Film und Fernsehen“, gemeinsam veranstaltet von der Grimme-Akademie und dem Institut für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln sowie gefördert durch das Grimme-Forschungskolleg. Als Experten*innen der Medienbranche erschienen Jan Bonny, Bettina Brokemper, Leopold Grün und Katharina Blum. Nachdem zunächst die gegenwärtige Praxis diskutiert wurde, schlug Aycha Riffi, Moderatorin und Leiterin der Grimme-Akademie, die Brücke zu den zukünftigen Herausforderungen für die Film- und Fernsehproduktion.
Die Produktionslandschaft befindet sich in einer Phase massiver Transformationsprozesse, insbesondere durch die Digitalisierung. Was das für die verschiedenen Ebenen der Filmproduktion bedeutet, beschrieben die Gesprächsgäste aus ihrer jeweiligen Perspektive.
Regisseur und Drehbuchautor Jan Bonny eröffnete das Praxisgespräch und vertrat die Kreativabteilung – deren Ideen am Anfang einer Produktion stehen. Jan Bonny plädierte für einen adaptiven Umgang der Kreativen mit dem sich wandelnden System: „Man kennt das System, man kann lernen, es zu verstehen, und man kann selber dafür sorgen, dass es funktioniert.“ Da die Produktion eines Kinofilms in Deutschland etwa 3 – 4 Jahre dauert, arbeitet Bonny zusätzlich in der Fernseh- und Werbebranche. Denn trotz aller Kunst, Filme machen ist ebenso ein Geschäft.
Dieses Geschäft ist ein Hochrisikogeschäft. Deswegen arbeiten Kreative eng mit Produktionsfirmen, wie Bettina Brokempers Heimatfilm, zusammen, die die Produktion unterstützend begleiten und im Ernstfall auch die Haftung übernehmen. Die langjährige Produzentin hält fest: „ Im Grunde machen wir F und E – Forschen und Entwickeln. Es gibt kein Rezept, was im Kino funktioniert und was nicht.“ Die Konkurrenz durch Streaminganbieter wie Netflix sieht sie kritisch, vor allem im Hinblick auf kreative Vielfalt, denn die Produktionsfirmen erleben zurzeit einen extremen Konzentrationsprozess.
Spätestens wenn der fertige Film ein Publikum finden soll, ist die Arbeit von Leopold Grün, Geschäftsführer der AG Verleih, erforderlich. Die Verleihe sorgen, in Rücksprache mit Regisseur*in und Produzent*in dafür, dass der Film auf dem Markt seine Sichtbarkeit erhält. Wenn tausende Filme jeder Zeit und überall abrufbar sind, wird diese Aufgabe immer wichtiger. Darum geht Leopold Grün der dringenden Frage nach, welche Strategie nötig ist, damit das Kino seine Bedeutung behält. Eine mögliche Antwort kann man seiner Meinung nach auch finden, wenn man von den Streamingdiensten lernt.
Filmschaffende, Produzenten, Verleiher – alle stellen Förderanträge, um finanzielle Unterstützung für ihre Projekte zu erhalten. Hier vervollständigte Katharina Blum, Leiterin der Abteilung Veranstaltung und Kongress der Film- und Medienstiftung NRW, die Gesprächsrunde. Obwohl die Filmförderung nach wie vor das Herzstück der Stiftung ist, existieren seit 2011 mehrere Fördertöpfe, die Produktionen wie Games und Hörspiel, unterstützen sollen.
Das erste Praxisgespräch der Ringvorlesung lieferte wichtige Impulse für den Austausch von methodischen und praktischen Fragen der Filmproduktion. Am Ende erkundigte sich Bettina Brokemper interessiert bei den Studierenden: „Wenn ihr Produktionsforschung macht, zu was für Ergebnissen kommt ihr?“ Das soll am 9.7. im Abschlussgespräch der Ringvorlesung „Produktionsforschung: Ein Fall für Zwei - Wissenschaft meets Praxis“ ausführlich diskutiert werden. Als Gäste geladen sind dann u.a. Oliver Castendyk (Hamburg Media School) und Tanja Weber (Universität Köln).