Wie umgehen mit Extrempositionen oder auch Krieg und Krisen im Radio? Wie lässt sich KI praktisch einsetzen? Was haben wir nach 20 Jahren Podcasten gelernt und wie hat es das Radiomachen verändert? Wie interessieren wir junge Zielgruppen für Nachrichtenformate? Wie weiter nach dem Volontariat? Wie sieht Qualität in der Radioausbildung aus?
Antworten – auf diese Fragen und mehr - lieferte der RadioNetzwerkTag, der am 5. Dezember 2024 in der Evangelischen Akademie in Frankfurt am Main stattgefunden hat – mittlerweile zum achten Mal! Eingeladen waren Nachwuchsjournalist*innen, -redakteur*innen, -moderator*innen, Radiomacher*innen sowie Interessierte, um über die Audiolandschaft und ihre Perspektiven zu sprechen und sich im Hörfunk zu vernetzen. Über hundert drängten sich im Saal der Evangelischen Akademie.
Begrüßt wurden sie von Hanna-Lena Neuser sowie von der Hessischen Landesmedienanstalt, stellvertretend für den Kreis der Kooperationspartner, zu dem – neben der Grimme-Akademie und der Medienanstalt Hessen - die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg, die Medienanstalt Rheinland-Pfalz, die Landesanstalt für Medien NRW und das Netzwerk Journalismus gehören - mit freundlicher Unterstützung der Evangelischen Akademie Frankfurt am Main.
Die Keynote hielt Marcus Engert, heute Mitglied in der trimedialen Chefredaktion des Mitteldeutschen Rundfunks, zuvor lange bei detektor.fm aktiv, der sich mit der Moderation gesellschaftlicher Konfliktfelder im Radio auseinandersetzte und – sich und die Anwesenden - zuerst einmal fragte: „Ist das überhaupt unsere Rolle? Müssen wir eine Position haben?“ Um dann unterschiedliche Positionen zu entwickeln und voneinander abzugrenzen; den integrativen „Friedensjournalismus“ und den konfrontativen „Hassjournalismus“. Am Ende präsentierte er sechs Ansätze „für uns“.
Im Anschluss ging es in die Workshophase. Roger Hofmann (FFH Mediengruppe) erläuterte, wie künstliche Intelligenz (KI) im eigenen Haus genutzt wird und den Redaktionsalltag mittlerweile vereinfacht. Hier zeigte sich, dass, nach einer ersten Experimentierphase, KI mittlerweile immer selbstverständlicher und pragmatischer genutzt wird. Grit Thümmel (Bremen NEXT) veranschaulichte zunächst einmal den besonderen Ansatz ihres Senders, um die mit dem Deutschen Radiopreis 2024 ausgezeichnete Programmaktion „realtalk mobbing“ vorzustellen und am Ende, in ihrem Workshop, über Strategien zur Publikumsbindung allgemein zu diskutieren. Marius Reichert, Reporter und Medientrainer, erläuterte, wie sich „Großthemen“ wie Krisen und Kriege publikumsorientiert herunterbrechen lassen und gab einige persönliche Einblicke in das Leben eines Kriegsreporters – eins seiner aktuellen Beschäftigungsfelder. In der großen „Volo-Ambulanz“ mit Andreas Fauth (Netzwerk Journalismus) wurde verhandelt, wie es weiter gehen kann, nach dem Volontariat im Radiobereich.
Wie begeistere ich die junge Zielgruppe für Nachrichten? Hier lieferte Benedikt Wenck (#usethenews, Radio Fritz) erste Antworten in seinem Workshop. Und das Sportjahr 2024? War Thema im Workshop von Sonja Pahl (FFH Mediengruppe), der Einblicke in ihre Arbeit bei der Fußball-EM 2024 lieferte. Besonders anschaulich wurde, wie Privatradios mithilfe regionaler Sportlerinnen und Sportler – etwa aus dem Umfeld der Olympischen Spiele – kreative Ansätze finden können, um die Sportberichterstattung auch für ihre Zielgruppen spannend und relevant zu gestalten.
Keynoter Engert steuerte noch einen Workshop bei zu den besonderen Herausforderungen des investigativen Arbeitens, während Lukas Schöne, Branchenexperte Audio & Journalismus, MedienNetzwerk Bayern, die Erfahrungen aus zwanzig Jahren Podcasten ebenso diskutierte, wie mögliche Anknüpfungspunkte und Learnings für das Radiomachen: Podcasts sind ideal zum Communitybuilding und tragen zur Nähe zum Publikum bei. Dabei betonte er, was das Radio vom Podcasting lernen kann, um sich zu einer digitalen Medienmarke weiterzuentwickeln. Auch Monetarisierungsmöglichkeiten – besonders für Privatradios – wurden diskutiert.
Das Finale des RadioNetzwerkTags lieferte schließlich die Verleihung des RADIOSIEGELs 2024 am späten Nachmittag. 32 Sender konnten sich in diesem Jahr mit ihren Volontär*innen freuen. Die Initiative RADIOSIEGEL zeichnet Jahr für Jahr private Radiostationen in Deutschland für eine fundierte und multimediale Ausbildung aus und fördert dadurch die Qualität journalistischer Volontariate. Mehr dazu unter: www.radiosiegel.de.
Durch den Tag führten Aycha Riffi, Leiterin der Grimme-Akademie, und Marcel Gassan, Netzwerk Journalismus e.V.